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Hausrecht

Hausrecht


“Herrin,” mein Narr schaute mich von unten herauf an.

“Ja was gibts.” Ich sah, dass er mir etwas sagen müsse, was mir nicht gefiel. Ich sah, dass er Angst davor hatte. Er kam näher in Reichweite meines Armes und ich sah trotzdem, dass er Angst vor meinem Schlag hatte. Er biss sich ängstlich auf die Lippen und sein Blick wechselte zwischen meinen Augen und seinen Füßen.

“Sie haben es wieder getan.” Ich wusste, was er meinte, ich genoss aber seine Unsicherheit.

“Was haben sie getan.”

“Sie haben Off-Topic-Beiträge gelöscht.” Die Art, wie er Off-Topic aussprach klang, als würden ich ihn dabei schlagen. Ich zog die Augenbraun hoch.

“Sie haben was?” Ich sah, wie seine Hände ineinander griffen. Ich sah, wie er versuchte nicht zu zittern. Sein Blick haftete am Boden.

“Sie haben was?”, wiederholte ich.

“Sie haben Deine Ausflüge zu Faust gelöscht.” Seine Antwort war sehr zögernd. Es war, als hätte er sich jedes Wort überlegt und ich sah, wie er zuckte, als ich meine Hand bewegte. Ich hob die rechte an. Meine Gestik und vor allem meine Augen befahlen ihm, näher zu kommen.

“Diese Barbaren haben Auszüge aus Faust gelöscht.”, presste er hervor. Er kroch unter meinen Augen zu mir in Reichweite meiner Hand. Ich griff sein Halsband und zog ihn ruckartig zu mir. Sein Widerstand war nur körperlich. Er wusste, dass jeglicher Widerstand es nur schlimmer machen würde und wollte sich mir nicht widersetzen. meine linke Hand griff seinen Kiefer. Die rechte verweilte am Halsband.

“Und warum?”

“Off-Topic”, wiederholte er und machte sich so weit wie möglich klein.

“Und wer hat da zumindest einen Off-Topic-Beitrag geschrieben?” Meine Worte trafen ihn. Er wusste, welchen Beitrag ich meinte. Ich sah es ihm im Gesicht an, dass er es wusste. Er hatte einen Beitrag geschrieben. Der Rest war meinen Fingern entsprungen, aber ein Beitrag war von ihm. Dabei hatte uns die Moderatorin gewarnt, dass sie nur den Kopf schütteln könne, bei dem ganzen Off-Topic-Geschreibe. Wir hatten uns deswegen schon mehrere Verwarnungen eingehandelt. In einem anderen Forum kam es deswegen auch kaum noch zu Veröffentlichungen, weil wir mit dem Betreiber quer lagen. Fünfzehn bis fünfundzwanzig Likes pro Geschichte konnte man hier aber nicht verachten, zumal die ja regelmäßig kamen und eben nicht zensiert wurden, wie das woanders geschah.

Ich mochte dieses Forum sehr gerne. Ich mochte die Leute, ich mochte das Publikum, die Konversation mit ihnen und ich mochte den Chat. Die Moderatorin und der Moderator schüttelten regelmäßig den Kopf über off-Topic und manchmal entfernten sie das nach einer Weile auch wieder. Man konnte gar nicht sagen, dass das wirklich Off-Topic war. Es waren Verständnisfragen. Es waren Geständnisse. Es war Lob. Es war die Aussage, das manches gefühlt werden konnte. Ein “ich bin bei Dir”-Effekt wurde da vermittelt. “Ich danke Dir, dass Du mich an Deinen Gefühlen teilnehmen läßt. Daran, dass Du gerade an den Einkaufszettel denkst, während wir beide Sex haben.” Es wurde gedankt, dass ich diesem Leser, dieser Leserin etwas ganz persönliches geschenkt hatte, was für andere schwer zu verstehen war. “Off-Topic.”, ja für unbeteiligte. Es ging nicht um das Thema, sondern um Gefühle und Ängste, die diese triggerten. Da wurden mir Dinge offenbart, die sich die Person nach Jahren erst in diesem Moment klar wurde. Diese einen Person auf dieser Welt. Natürlich hatten die dann nichts mehr mit der ursprünglichen Geschichte zu tun, weil sie Ängste und Sehnsüchte weckten. Und doch waren sie mit dieser Geschichte verbunden. Für andere war das schwer nachvollziehbar. Ich wusste, dass viele einen Schutz um sich gebaut hatten. Mein Schutz war, dass ich mit meinem Mann zusammen unter einem Männerprofil schrieb und mich weigerte, irgend wem meine Identität zu enthüllen, und sei es auch nur, um im Profil freigeschaltet zu werden. Andere Frauen blockierten alle männlichen Besucher in der Form, um nicht von ihnen belästigt zu werden. Selbst mich schrieben die Herren der Schöpfung an und baten sich an, mir dienen zu dürfen. Wenn ich dann nachfragte wieso, wurde es oft still. Dann mussten sie oft zugeben, dass sie noch nicht mal meine Geschichte gelesen hatten, von der ich angenommen hatte, sie hätte sie zum Schreiben motiviert. Nein, es war scheinbar nur der Name und ich schwankte dann zwischen dem Griff nach der virtuellen Axt und derb guten Erziehung und meiner Kenntnis über das männliche Geschlecht, was oft die Kontrolle über diese Geschöpfe übernahm.

Oft musste Frau sich schützen, und jede tat das auf ihre Weise und daran war nichts, rein gar nichts zu kritisieren. Aber dies verhinderte oft den persönlichen Kontakt. Eigentlich konnten wir ja dankbar sein, dass die Moderatoren diese private Konversation eine Weile stehen ließen und dann entfernten. Wie hatte ich einen Kommentar genannt? “Balsam für die Seele.”

Der Narr hatte Angst. Er war der Überbringer der Nachricht, dass das Gelöscht wurde. Er war der Überbringer der Nachricht, dass eine Freundin scheinbar bestraft worden war, weil auch ihre Texte nun gelöscht geworden waren, und sie sich deshalb vielleicht zukünftig nicht trauen würde, zu schreiben. Ich konnte nur hoffe, dass sie nicfht wegen mir noch anderweitig bestraft wurde, weil sie mir ihre Gefühle, ihre Gedanken, ja ihre Ängste offenbarte. In ihrem letzten Text war es genau darum gegangen und sie hatte mir erlaubt, ein klein wenig in ihr Herz zu blicken. Genau daraus resultierte jetzt Luis Angst. Sie hatte sich geöffnet, er war ein winziger Teil davon, und jetzt hatte er Angst, dass ich meinen Zorn an ihm ausließ.

“Und wer hat da zumindest einen Off-Topic-Beitrag geschrieben?”, wiederholte ich und bekam nur ein Winseln zu Antwort. Meine Hand glitt zu seinem Ohr und noch bevor ich es berührte, presse er ein “Ich” hervor.

“Wer ist also Schuld, dass die Geschichte gelöscht wurde?” Ich sah ihn an, ich sah, wie er in sich kämpfte. “Sag es!” Ich war gespannt, ob er für mich lügen würde. Ich war gespannt, ob er mir ins Gesicht lügen würde, oder ob er den schwierigeren Weg wählen würde, die Wahrheit zu sagen. Das es meine Schuld war. Ich wusste nicht, ob ihm klar war, dass ich mich mit einem Geschenk an eine liebe Frau gar nicht schuldig gemacht hatte. Ich hatte ihr etwas geschenkt und sie hatte mir mit ihren Kommentaren etwas geschenkt. “Das beste Geschenk des letzten Jahres”, was jetzt im Orkus des Internets gelöscht war. Aber vergessen war das nicht.

Ich sah, wie seine Lippen zitterten. Ich sah seinen ängstlichen Blick. Ich sah den Schweiß auf seiner Stirn. Ich sah, wie er fieberhaft nachdachte, um weder mich, Lu, noch den Forenbetreiber kritisieren zu müssen.

“Ich weiß es nicht.”, presste er hervor. Meine Hand drang in seinen Mund. Ich sah, wie er zitterte. “Heraus damit oder ich komme in Dich.” Meine Finger glitten in seinen Mund. Ich setzte einen Reiz. “Sag es!”, meinte ich, während ich ihn für den Würgereflex bestrafte. Wieder drangen meine Finger in ihn ein. Wieder würgte er. Wieder bekam er eine Ohrfeige. Ihm wurde klar, dass wir dieses Spiel bis zur Kotzgrenze und darüber hinaus betreiben konnten. Er würde sich die Seele aus dem Leib kotzen und wer kennt den Spruch nicht: “Mit vollem Bauch kotzt es sich leichter!” Ich sah, dass sein Hirn arbeitete.

“Die allgemeinen Leser!”, presste er hervor, als sich meine beiden Finger wieder seinem Mund näherten. Vielleicht mag sich der eine oder andere fragen, warum er nicht aufstand und ging. Dazu hatte er fast 20 Jahre Zeit gehabt. Jetzt war vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Daher ließ ich meinen Liebsten leiden, und ich genoss das. Ich dachte noch kurz an die Hand- und Fußschellen, aber das war heute nicht nötig.

Diese Geschichte wurde nicht veröffentlicht, da sie als Provokation angesehen wurde.

 
 
 

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