Schreibfaul
- Jessi Lui
- 28. Feb. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. März 2021
Schreibfaul
Mein Narr hat eine Schwerbehinderung, die seine linke Körperseite lähmt. Er kann seine Ferse fast bis auf den Boden bringen, aber das braucht ohne Hilfmittel Zeit. Sein linker Arm ist spastisch gelähmt, dass heißt, dass die Muskelspannung da manchmal oder oft, wie man es sehen will, nicht zu kontrollieren ist. Er könnte auch mit der linken Hand tippen, aber es würde ihn mehr anstregen, als wenn er des mit rechts tut.
Ich befahl ihn, den PC zu starten und sich davor zu setzen, da ich heute nicht selbst schreiben wollte. Ich selbst setzte mich an seine linke Seite und nahm seine Hand in meine Hände. “Schreib!”, befahl ich. “Schreibtfaul…”
Er sah mich an. “Das traue ich mich nicht zu schreiben, das kommt einer Straftat gleich.” Meine Finger tanzten über seine Hand. “Tu, was ich sage!” Ich begann zu diktieren und er begann mit Zeige und Mittelfinger zu tippen. Manchmal benutze er auch den Ringfinger, auch wenn dieses eher Selten vorkam. Den kleinen Finger benutzte er eigentlich nur für die Großschreibung. Ich legte seine linke Hand in meinen Schoß. “Laß Dich nicht ablenken!” Er blickte kurz zu mir. “Ich habe da ein Deja Vu.”, meinte er. Er hatte recht, dieses war nicht das erste Mal, dass er eine Geschichte für mich schrieb, aber es war das erste Mal, dass es meine Geschichte war, die er zu tippen hatte. Ich musste mir Zeit lassen. Ich musste lachen. Es gibt eine Stelle in der größten Hetzschrift des letzten Jahrhunderts, wo einer der größten Verbrecher des letzten Jahrhunderts einen Satz mit “usw.” beendet. Woher ich das weiß? Serdar Somuncu tourte mit dem Buch viele Jahre durch Deutschland und Europa und zog den Hass der Rechten auf sich, indem er den Leuten den Spiegel vorhielt. Jene Stelle, erklärt Somuncu, dass dort der Grofaz sich in seinen Redefluss hineinsteigert “spuckt, geifert, kotzt” und irgendwann feststellt, der Hess tippt gar nicht mehr. Dann würden sie überlegen, dass diese Stelle nicht mehr zu rekonstruieren sei, und das Buch eh niemand lesen würde, daher entschieden sie “lass doch drin.” Leider kam es anders.
Ich hoffe, ich diktiere nicht so schnell, dass Lui mit dem Tippen nicht hinterher kommt. Aber mit usw. wird er sich da nicht herausreden können. Dafür würde ich schon sorgen. Er guckte mich an: “Soll ich das wirklich schreiben?” Ich gab ihm einen Klapps hinter den Kopf. “Tu, was ich sage.” “Auf Deine Verantwortung!” Er bekam einen zweiten Schlag hinter die Löffel. “Wenn hier jemand die Schuld trägt, dann ja wohl Du.” Er guckte mich an und ich genoss seinen Blick. Um so mehr freute ich mich, dass er dieses jetzt niederschreiben musste. Er machte danach eine Pause, vielleicht weil ich gerade nicht diktierte, was ihm bereits einen Kniff in die Seite eingebracht hatte. “Ich kann doch nichts schreiben, wenn Du nichts diktierst.” Ich wiederholte seine Worte und äffte ihn nach. Mein Narr gehorchte. Ich umfasste seine Finger und streichelte sie, was seine Konzentration auf die Hand lenkte. Ich spielte mit seiner Hand, während er meinem Diktat folgen musste und seine Finger über die Tastatur flitzen. Ich wusste, wie schwer ihm das fiel. Ich bog derweil an seinen Fingen und fühlte, wann die Spastik einschoß, und wann sich seine Hand entspannte. Sein Blick fiel auf den zweiten Bildschirm, der die Analyse des 8. Starts im Rennen um den Pradacup analysierte. Freya und ich hatten das Rennen ja live gesehen, aber an diesem Wochenende war Rennpause. Nächste Woche würden Freya und ich wieder fiebern, aber dieses Wochenende war frei. Daher hatte ich Zeit für diese Geschichte, die mein Narr für mich tippen durfte. Ich sprach absichtlich langsam, auch wenn mein Narr mich bei diesen Worten gerade anschaute und die Stirn runzelte, jedoch keinen Widerspruch wagte. Hoffentlich wagte er es nicht, etwas abzukürzen. Ich gab seinem Arm einen Zwick, was seinen ganzen Körper zusammen zucken ließ. Ich sah, wie es ihn irritierte, das eben erlebte abzutippen, zumal das ja langsamer geschah, als es in Wirklichkeit passierte, von der ich ja jetzt nur einen Bruchteil beschreiben kann, weil mein Narr niemals so schnell schreiben könnte. Auch mir entgingen ja so viele Dinge, die ich zwar sah, aber ebenfalls nicht beschreiben konnte, weil ich erst den Gedanken zu ende führen musste, und dann schon das nächste sah, was mich nun beschäftigte. Aber so ist das nun mal. Googleschreibtools waren zwar schon ganz gut, aber für eine gute Geschichte waren sie nutzlos, da hier die Satzzeichen wie Anführungszeichen nicht vernünftig benutzt werden konnten und man länger zur Korrektur als zum Schreiben gebrauch hätte. Also musste heute der Narr ran. Ich überdehnte während seinem Tippen die Finger seiner linken Hand. Er gab einen Schmerzlaut von sich, was mich freute, während er für mich tippte. “Ich liebe Dich Lui.” Ich stand auf. Trat hinter ihn. Meine Hände fassten seinen Nacken, seinen Hals. Meine Lippen näherten sich seinem Ohr. Die Fingerspitzen drückten seinen Kehlkopf und nahmen ihm die Luft. “Schreib schön weiter.” Meine Finger tanzten über seinen Nacken und er zuckte leicht. Ich befahl ihm, sich vorzubeugen und griff unter seine Bekleidung. Wie mittlerweile bekannt sein sollte, ist Lui sehr kitzlig und ich musste ihn zwingen, weiter zu schreiben, während meine Finger über ihn tanzten, denn ich drohte damit, dass er es sonst noch schlimmer machen würde u.s.w. ahhhhhhhhhhhhhhhhhh.
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